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Grundsätzliches
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Einen Reisedobson zu bauen heißt normalerweise: Gewichtseinsparung.
Ich habe lange über meine Gewohnheiten und Vorlieben nachgedacht und bin zu dem Schluß gekommen
- Faulpelz, der ich bin - daß ich viel lieber ein bequemes und reisefähiges Teleskop hätte als
eines, das ich beim Mountainbiking durch die Alpen mitnehmen kann, das in zwei Minuten aufgebaut
ist und bei dem ich bei Höhen unter 20 ° an der Isomattenunterlage horchen muß.
Ich möchte Zwei-Zoll Okulare benutzen können und generell all den Komfort eines stationären
Teleskopes haben.
Dennoch möchte ich ein reisefähiges Teleskop haben, das ich beim Familienurlaub mitnehmen, einmal
am Zielort aufbauen und am Ende wieder abbauen kann.
Es sollte mit auf den Flieger genommen werden können.
Fürs bequeme Beobachten ist mir die herkömmliche Bauweise von mittelgroßen Dobsons mit hohem
Schwerpunkt sehr sympatisch. Das heißt, daß beim Beobachten das Okular sich auf einer
Halbkugeloberfläche bewegt, deren Mittelpunkt durch die Lage der Höhenachse bestimmt wird mit einem
Radius der dem Abstand Okular/Höhenachse entspricht.
Je näher der Schwerpunkt des Tubus am Auszug liegt, desto kleiner ist diese Halbkugel und desto
weniger muß man sich um das Teleskop beim Sprung von Objekt zu Objekt bewegen.
Noch mehr Beobachtungskomfort versprechen Rotationsschellen. Damit kann man den Tubus immer in
eine günstige Einblickposition bringen.
Da mir ein Volltubus viel zu groß für einen Reisedobson ist, kam nur eine Gitterrohr-Konstruktion
in Frage.
Im Internet bin ich über die Homepage von Steven Lee
und seine Erklärung, warum die meisten
Serrurier-Truss-Teleskope nicht wirklich das sind, für das sie sich ausgeben.
Wichtig für eine "echte" Serrurier-Truss-Konstruktion ist das Doppel-Stabwerk, bei dem geschlossene
Kraftdreiecke zum Hut und zur Spiegelhalterung verwendet werden, die von einem mittleren Element ausgehen, mit
dem das Höhenlager verbunden ist. Dieses geniale Prinzip sorgt dafür, daß obwohl der Hut und der Hauptspiegel
einen kleinen Betrag durchhängen, die Optik kollimiert bleibt, wenn man das Stabwerk so wählt, daß beide um den
gleichen Betrag durchhängen, wenn man vom Zenith zum Horizont schwenkt.
Die Idee einer Dreiring-Konstruktion begann sich langsam in meinem Kopf festzusetzen und ich
hoffte, damit eine Menge der Konstruktionsprobleme zu lösen und die gewünschten Eigenschaften zu erhalten.
So sieht mein Konstruktionsvorschlag aus:
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Der einzelne oberer Ring mit Drahtspinne und Eigenbau-Caryford-Auszug ist mit einem flexiblen Ring aus 9 mm
Birkensperrholz verbunden. Dieser ist in einem stabileren 18 mm Sperrholzring gelagert, der die nötige Stabilität
besitzt und an dem die Höhenräder befestigt werden (nicht dargestellt).
Der flexible Ring kann in diesem rotieren. Die 6-Punkt Spiegelzelle (mit PLOP berechnet) ist aus 20 mm
Aluminium-Quadratrohr gefertigt und hat für eine einfache Justage vier Aufhängungen zum unteren Ring.
Dieses Design ist stark durch den wunderbaren 12-Zöller
von Steven Lee beeinflußt. Die Rändelschrauben zur Hauptspiegeljustage sind von oben zugänglich. Dadurch
daß die Justageachsen mit dem Auszug fluchten, ist die Kollimierung sehr einfach. Man weiß immer genau,
welche Schraube gedreht werden muß. Das gleiche Prinzip ist auch bei der Fangspiegelhalterung verwirklicht.
Wenn ich richtig gedacht habe, sollte diese Bauweise folgende Vorteile haben:
- es ist sehr einfach, die Höhenachse durch den Balancepunkt zu legen, ohne auf Gewichte unter dem
Hauptspiegel oder extreme Leichtbauweise des Hutes/oberen Ringes zurückgreifen zu müssen. Es wird
einfach die Länge des oberen und unteren Stabwerkes entsprechend gewählt. Ich kann sogar Gewicht ans
obere Ende packen - hier wird normalerweise an jedem Gramm gespart - um den Schwerpunkt möglichst
hoch zu legen. Das gibt einen bequemen Einblick und ich kann auf der Ekliptik spazieren gehen,
ohne den Beobachtungsstuhl verrücken zu müssen.
- der rotierbare Tubus sorgt immer für einen bequemen Einblick. Das Okular wird in einfach in die
entsprechende Position gedreht. Man benötigt nicht mal einen speziellen Beobachtungsstuhl, jeder
herkömmliche Stuhl ist geeignet.
- die Gitterrohre sind kürzer, für ein Reiseteleskop heißt das: kleiner Abmessungen
- die kürzeren Rohre bedeuten auch eine höhere Resonanzfrequenz. Das Teleskop sollte also auch bei
hohen Vergrößerungen nach einem Stoß / einer Berührung schnell ausschwingen
- die Bauweise aus flachen Sperrholzringen kann gut in eine flache, niedrigvolumige Reiseform
gebracht werden
- die Gitterrohrdurchmesser und Wandstärken sowie die Verbindungen können so gewählt werden,
daß der obere und untere Ring beim Schwenk vom Zenith zum Horizont um den gleichen Betrag
durchhängen, ein sehr fehlertolerantes Design bei nicht soo handwerklich begabten Heimwerkern
Ich habe einige FEM Berechnungen hierzu mit der Demoversion von
Prostab durchgeführt, einem Statikprogramm des deutschen
Ingenieurs Dr.-Ing. Ernst Sauer. Für die kostenlose Benutzung und Hilfestellung bei der
Erstellung des Eingabefiles möchte ich mich nochmal ausdrücklich bedanken.
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Die besten Resultate ergaben sich mit 15 mm Rundrohr (2 mm Wandstärke) für das obere Stabwerk
und mit 10 mm / 1 mm für das untere. Damit ergibt sich ein Maximalwert von 0,03 mm Durchhang
für beide Enden bei Horizontausrichtung und unterschiedlichen Rotationswinkeln des Tubus.
Die Berechnung gilt natürlich nur auf der Basis von idealen Stabwerkverbindungen, meine selbstfabrizierten Aluwinkel-und-plattgedrückte-Stangen Verbindungen sind da sicher nicht das theoretische Maximum. Ich habe die Berechnungsresultate jedenfalls so interpretiert, daß es unnötig ist, Stabwerkstangen mit unterschiedlichem Durchmesser und Wandstärke zu verwenden. Ich habe letztenendes Alfer Stangen aus dem Baumarkt mit 15 mm Durchmesser und 1 mm Wandstärke verwendet, eine billige und leicht beschaffbare Lösung. Erneute Berechnung mit diesen Werten ergab einen maximalen lateralen Versatz von 0,05 mm am oberen Ring und 0,01 mm am unteren, demnach ergibt sich eine Dejustage von 0,04 mm wenn man das Teleskop vom Zenith zum Horizont schwenkt, da schätze ich den Anteil durch suboptimale Fertigung der Verbindungen als wesentlich höher ein. Dennoch hoffe ich durch diese Bauweise, daß die (für mich ;-)) unvermeidbaren Toleranzen in der Fertigung sich am unteren und oberen Ende ausgleichen.
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